Der Assist – Kreatives Element mit subjektiven Kriterien
Magic Johnson ist bis heute mein Lieblingsspieler geblieben. Wenn er in den 80er Jahren (des vergangenen Jahrtausends!) im Fast Break einen seiner unglaublichen No-Look-Assists spielte, war ich verzückt. Der Spielmacher der Lakers erfüllte meine Sehnsucht nach schnellem Spiel und kreativer Ballbewegung. Der Pass unterscheidet den Mannschaftssport vom Individualsport, er ist ein verbindendes Element, mit dem man Mitspieler glücklich machen kann. Eine Mannschaft, die dann den Ball uneigennützig passt, hat in der Regel einen guten Teamspirit. Gute Scorer füllen ihre Rollen mit weniger Aufwand aus, wenn sie starke Passgeber um sich haben.
Mir ist aufgefallen, dass die Assist-Zahlen nach oben gehen. Das liegt aber nicht daran, dass sich Ziele und Motivation von Spielern dahin verschoben haben, mehr Assists spielen zu wollen. Kaum ein Spieler misst in unseren Sport seinen persönlichen Erfolg an seinen Qualitäten als Vorbereiter. Es muss also andere Gründe für diesen Trend geben.
JeQuan Lewis von den Rostock Seawolves führt derzeit die Bundesliga in dieser Kategorie an. Ihm folgen Arnas Velicka (Chemnitz), DeWayne Russell (Oldenburg) und Eric Washington (Heidelberg). Insgesamt bereiten acht weitere Spieler mindestens sechs Körbe pro Begegnung vor. Die insgesamt meisten Assists in der BBL gehen mit 1895 auf das Konto von Jared Jordan. Aber abgesehen von seinen 19 Spielen 2019 für Gießen profitierte er nicht von den seit 2018 gültigen Richtlinien der FIBA für einen Assist, die ihren Teil dazu beitragen, dass die Werte ansteigen. Die NBA und NCAA haben noch einmal andere Kriterien, die sich nicht nur von der FIBA, sondern auch noch zusätzlich voneinander unterscheiden. Dies hier alles auseinanderzudividieren, würde den Rahmen sprengen.
Der Assist war schon immer die am subjektivsten bewertete Statistik. So ist es nicht verwunderlich, dass viele tolle Point Guards der NBA-Geschichte zu Hause ungefähr 10 Prozent mehr Assists als auswärts spiel(t)en.
Was ist ein Assist per Definition?
Grundsätzlich gilt jeder Pass zu einem Spieler in der Zone, der dann punktet, als Assist! Das ist unabhängig davon, wie viele Dribblings dieser Spieler noch ausführt, oder ob er noch drei Wurftäuschungen und sieben Pirouetten einstreut wie Derrick Allen in seiner Glanzzeit. Jeder Pass zu einem Spieler außerhalb der Zone, der ohne Dribbling scort, gilt ebenfalls als Assist. Diese beiden Situationen sind eindeutig, aber bei der nächsten hält schon der Interpretationsspielraum Einzug: Es wird ein Assist gutgeschrieben, wenn ein Spieler außerhalb der Zone einen Pass erhält und danach aus dem Dribbling einen Korb erzielt, ohne seinen Gegenspieler in einer 1-1-Situation schlagen zu müssen. Helpside-Verteidiger sind in diesem Zusammenhang irrelevant. Aber man kann auch einen Assist erhalten, wenn der Scorer seinen direkten Kontrahenten noch überspielen muss. Dafür müssen zwei Kriterien erfüllt sein. Der Angreifer muss sofort nach Passempfang attackieren (catch and go), und sein Verteidiger muss sich in einer instabilen Position befinden. Alles klar?? Es gibt also immer noch einen Graubereich, auch wenn er kleiner geworden ist.
Wenn der Passempfänger im Wurf gefoult wird und danach mindestens einen Freiwurf trifft, wird ebenfalls ein Assist gutgeschrieben. Im Fast Break muss der angespielte Akteur den Ball im Vorfeld empfangen, um die Einstufung des Passes als Assist zu ermöglichen.
Wie bewerte ich Passqualitäten?
Wenn ich einem Mitspieler, der zehn Meter vom Korb entfernt steht, den Ball zum erfolgreichen Dreier zupasse und sich zwischen uns beiden nur ein Meter und kein Gegenspieler befindet, bekomme ich dafür einen Assist. Dies ist zwar teamorientiert, sagt aber überhaupt gar nichts über meine Qualitäten als Passgeber aus. Aber laut FIBA-Regeln kann nur der letzte Pass vor dem Wurf ein Assist sein (in der NCAA ist es der Pass, der entscheidend für das Play ist). Natürlich werden am Ende in der Regel die besseren Passgeber auch hohe Assist-Zahlen aufweisen.
Nikola Jokic ist ein großartiger und kreativer Ballverteiler, aber viele andere Big Men kommen auf relativ gute Werte, weil sie im Post gedoppelt werden und ihre Teams für diesen Fall Bewegungsschemata etabliert haben, die es relativ einfach machen, den freien Mann zu finden. Genauso haben stark penetrierende Guards einen Vorteil, weil sie durch das Überdribbeln ihres Gegenspielers eine Überzahlsituation generieren, durch die sich die Passmöglichkeiten klarer herauskristallisieren. Pinpoint-Passes unter den Korb gegen eine nicht rotierende Verteidigung sind deshalb die höchste Stufe der Passkunst. Zu guter Letzt ist auch der Assist-Turnover-Ratio in die Betrachtung einzubeziehen. Wenn viele Korbvorlagen mit vielen Ballverlusten einhergehen, sind sie natürlich weniger wertvoll.
Screen Assists in der NBA
Ich gehe stark davon aus, dass alle, die den Nachschlag lesen, eine hohe Basketball-Affinität haben. Aber geht es euch nicht auch manchmal so, dass ihr den Eindruck gewinnt, euch in einem Dschungel zurechtfinden zu müssen? Das betrifft in erster Linie Regeländerungen und deren Interpretation. Aber auch im Bereich der Statistiken (Advanced Stats!) wird das Dickicht immer undurchdringlicher. Wie facettenreich das einfache Thema Assists ist, will ich abschließend noch einmal mit einem Blick auf die NBA verdeutlichen. Dort werden mittlerweile auch „Screen Assists“ gescoutet, Blocks für einen Mitspieler, die direkt zu einem Feldkorb für diesen führen.
Euer