Das Top Four: Ein Fest der Basketballgemeinde

Ein Basketball liegt auf einem Parkettboden

Das Top Four: Ein Fest der Basketballgemeinde

Das Top Four hatte schon immer Züge eines Happenings. Die Basketballgemeinde trifft sich, Fanfreundschaften werden geschlossen, und es wird einfach gemeinsam gefeiert. Dieser gesellschaftlich-gesellige Aspekt hat beinahe schon Teambuildingcharakter. Auch deshalb freuen sich alle Korbballenthusiasten auf das Wochenende in Oldenburg. Die diesbezügliche Bedeutung des Top Fours war noch nie größer, da aufgrund des immer enger getakteten Spielplans das All-Star-Game aus dem Kalender gestrichen wurde. Beim All-Star-Weekend konnte man zwar keinen Titel gewinnen, aber es waren dafür Fans und Spieler aller Vereine vor Ort, was dem Ereignis das Flair eines Großfamilienfestes verlieh. In Oldenburg sind zwar „nur“ die Anhänger der vier Halbfinalisten zugegen, aber sie werden für eine brechend volle Halle und Stimmungstemperaturen am Siedepunkt sorgen.

Die Atmosphäre

Das kann man auch damit erklären, dass es die selbsternannten Hardcorefans sind, die zu einem Top Four anreisen. Die Rivalität ist groß, schließlich darf der Sieger des Wochenendes die zweitwichtigste nationale Trophäe in die Höhe recken. Aber trotzdem respektieren die Anhänger der teilnehmenden Mannschaften einander und konkurrieren in einem Wettstreit, der die Grenzen der Fairness und des guten Geschmacks nicht überschreitet. Die Fans der beiden Teams, die nicht an der aktuellen Partie beteiligt sind, sympathisieren mit einer der spielenden Mannschaft und verbrüdern sich mit deren Anhang.

Am Samstagabend werden in den Oldenburger Kneipen die Sympathisanten aller Mannschaften unterwegs sein, um miteinander zu diskutieren und zu fachsimpeln. Für diese Postgame-Party ist die Stadt an der Hunte wie geschaffen. Ihre Größe bietet einerseits genügend Möglichkeiten, sorgt aber andererseits auch dafür, dass nicht alle auseinanderdriften. Deshalb wird es auch außerhalb der Halle zu schönen und einzigartigen Momenten kommen, auf die sich die Fans freuen. Die Tatsache, dass dieses Top Four erstmals seit Ausbruch der Pandemie komplett ohne Corona-Beschränkungen ausgetragen wird, dürfte die Atmosphäre zusätzlich entspannen.

Meine Erlebnisse als Coach

Zwischen 1999 und 2013 durfte ich sechs Mal am Top Four teilnehmen. Natürlich war der Titelgewinn 2000 ein besonderes Erlebnis. Mit den SKYLINERS besiegten wir in heimischer Halle im Finale ALBA BERLIN. Es war die erste Saison unseres Teams in Frankfurt, und wir feierten unseren Erfolg gegen ein großartiges Team mit Henrik Rödl, Ademola Okulaja, Wendell Alexis und Patrick Femerling. Hinterher erzählte mir ein Journalist, dass dieses Spiel die erste Finalniederlage in Svetislav Pesics Laufbahn gewesen sei. Keine Ahnung, ob das stimmte… Jedenfalls rief Sinisa Kelecevic bei der Feier in der Kabine: „Gunnar, bring the bonus!“ In diesem Moment wurde mir schmerzlich klar, dass ich dummerweise keine Pokalprämie ausgehandelt hatte.

Meine bitterste Erfahrung war die Halbfinalniederlage 2011 mit den Artland Dragons, als wir in Bamberg den Gastgebern nach Verlängerung unterlagen. Auch das war ein superbesetzter Kontrahent mit Anton Gavel, Brian Roberts, Casey Jacobsen, Predrag Suput, Kyle Hines und Tibor Pleiß. Nach der Begegnung hatten alle unsere Spieler und wir Coaches das Gefühl, dass wir in jeder anderen Halle das Spiel und dann am nächsten Tag auch den Pokal gewonnen hätten. Das mag eine komplett subjektiv gefärbte Fehleinschätzung gewesen sein, aber sie verwandelte Motivation in eine kollektive Niedergeschlagenheit, die ich in dieser Form im Sport nur selten wahrgenommen habe. Wir konnten es nicht fassen, so knapp und unglücklich eines unserer Ziele verpasst zu haben. Aber unser Teamspirit war trotzdem intakt, und wir gewannen am nächsten Tag das Spiel um den dritten Platz.

Meine Erlebnisse als Kommentator

Schauplatz Oldenburg: Acht Jahre ist es her, dass die Donnervögel vor heimischer Kulisse den Pokal gewannen. Ich war 2015 als Kommentator vor Ort. Damals herrschte keine Waffengleichheit. Berlin musste noch unmittelbar vor dem Top Four in der Euroleague spielen und war mächtig sauer wegen der Terminierung. Der Pokalverteidiger unterlag im Halbfinale Brose Bamberg. Im Endspiel setzte sich dann Oldenburg gegen die Oberfranken mit 72:70 durch. Head Coach Mladen Drijencic hatte erst wenige Wochen zuvor Sebastian Machowski auf der Kommandobrücke abgelöst, und einer der Oldenburger Pokalhelden war Philipp Neumann, der zunächst auf Leihbasis aus Bamberg nach Norddeutschland gekommen war und nach dem Sieg besonders emotional reagierte. Oldenburg im Freudentaumel – bezüglich einer Wiederholung hätten an diesem Wochenende die meisten anwesenden Fans keine Einwände!

Ich weiß, dass man zum Ende dieses Blogs eine Prognose von mir erwartet. Zum Zeitpunkt der Auslosung lautete mein Finaltipp Ludwigsburg – Berlin. Mittlerweile hat sich das Bild geändert. Es sieht so aus, als ob momentan keiner der vier Teilnehmer an seinem Maximum kratzt. Wer immer das Duell der Euroleague-Teilnehmer gewinnt, geht als Favorit ins Finale.

Euer