Ein wichtiger Sommer für die Basketball-Nationalmannschaft

Ein Basketball und Basketballschuhe liegen auf einem Freiplatz

Ein wichtiger Sommer für die Basketball-Nationalmannschaft

Es ist ein beinahe unmögliches Unterfangen, Außenstehenden den Terminkalender im internationalen Basketball plausibel zu erklären. Am 1. September beginnen die Europameisterschaften, bei denen die deutsche Mannschaft ihre Vorrundenspiele in Köln absolvieren wird, um dann – wie erhofft und antizipiert wird – zur Endrunde nach Berlin zu reisen. Diese Heim-EM wirft ihre Schatten voraus. Zuvor muss die DBB-Auswahl aber noch ihre Hausaufgaben in der Qualifikation für die Weltmeisterschaften 2023 erledigen. Der erste Teil konnte erfolgreich abgehakt werden. Im sogenannten letzten Fenster der ersten Qualifikationsrunde gelangen dem Team von Bundestrainer Gordon Herbert zwei Siege. Ziele erreicht! Auf das souveräne 88:57 in Estland folgte in Bremen mit einem hart erkämpften 93:83 gegen Polen der fünfte Erfolg im sechsten Spiel. Damit zieht die deutsche Mannschaft mit nur einer Niederlage im Gepäck in die nächste Runde ein, für die die beiden ersten Begegnungen in Schweden und gegen Slowenien um Superstar Luka Doncic für den 25. und 28. August terminiert sind, also unmittelbar vor Beginn der EuroBasket 2022!

Dennis Schröder geht mit gutem Vorbild voran

Auch die beiden zuletzt absolvierten Partien fanden zu keinem idealen Zeitpunkt statt. Nach einer langen Saison benötigen viele hochbelastete Profis eine Verschnaufpause. Zumindest bestand aber die Chance, Euroleague- und NBA-Spieler einzusetzen, was bei den vorherigen Fenstern aufgrund der Terminüberschneidungen so gut wie unmöglich gewesen war. Während die Akteure des deutschen Meisters Alba Berlin und Andreas Obst von Bayern München genauso wie einige NBA-Spieler, auf deren EM-Teilnahme der Verband hofft, (noch) nicht dabei waren, setzte Dennis Schröder ein Zeichen. Deutschlands bester Basketballer kehrte nach fast dreijähriger Pause in Tallinn in die Nationalmannschaft zurück und scheint deutlich besser für die Führungsrolle präpariert zu sein als in der Vergangenheit. Sein Auftreten auf dem Feld und seine Interviews lassen einen großen Reifeprozess erkennen, der Braunschweiger beeinflusste den Spirit in der Mannschaft positiv, seine Motivation scheint groß zu sein. Gegen Polen nahm er nach zwischenzeitlichem Rückstand im Schlussviertel die Zügel in die Hand und brachte die Mannschaft auf die Siegerstraße. Am Ende gelang ihm mit 38 Punkten ein neuer Bestwert im DBB-Trikot. Da der 28Jährige in den NBA-Playoffs nur Zuschauer war, nutzte er die Gelegenheit, einerseits wieder Spielpraxis zu sammeln und sich andererseits wieder an den europäischen Stil anzunähern.

Unter ähnlichen Prämissen stand dieses Fenster auch für Isaac Bonga, der in Nordamerika zwischen der NBA und ihrer Entwicklungsliga G-League hin- und herpendelte und dabei verhältnismäßig wenig spielte. Leider verletzte er sich früh gegen Polen, nachdem er in Estland gezeigt hatte, wie wertvoll er für die Mannschaft sein kann. Die defensiven Qualitäten des 22Jährigen waren immer unbestritten. In Tallin bewies er aber mit 21 Punkten, dass der Bundestrainer auch offensiv auf ihn zählen kann.

Bei Johannes Voigtmann hingegen war von Rhythmus noch nichts zu spüren. Seit er CSKA Moskau nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang März verließ, ist der 29Jährige ohne Verein. Auch wenn es bei ihm verständlicherweise noch holperte, beorderte Herbert ihn in beiden Spielen in die Startformation und versah ihn mit entsprechend Spielzeit. Ein klares Zeichen, dass Voigtmann in einer wichtigen Rolle für die EM gesetzt sein dürfte.

Wie wird der EM-Kader aussehen?

Gleiches gilt natürlich auch für Schröder und sehr wahrscheinlich für Bonga. Ansonsten darf man von den Spielern, die jetzt dabei waren, dem von Hamburg nach Spanien wechselnden Aufbautalent Justus Hollatz die besten Chancen zuweisen, im September im Team zu stehen, wenn die Deutschen den Medaillenkampf eingreifen wollen. Auf den großen Positionen gibt es hingegen ein echtes Überangebot. So dürfte es für den Bamberger Christian Sengfelder sehr schwer werden, den Kader zu schaffen, obwohl er mit 15,3 Punkten und sechs Rebounds die Mannschaft in den sechs WM-Qualifikationsspielen trug. Doch für den Power-Forward- und Center-Spot stehen neben den NBA-Spielern noch Johannes Thiemann und Oscar da Silva in den Startlöchern, vielleicht auch Tibor Pleiß vom Euroleague-Champion Anadolu Efes Istanbul. Auf den Außenpositionen ist das Angebot deutlich geringer. Entsprechend wird heftig spekuliert, ob Franz Wagner zum Team stoßen wird. Der Small Forward aus Orlando, der einer der besten Neulinge der abgelaufenen NBA-Saison war, soll über seine EM-Teilnahme noch nicht final entschieden haben.

In Summe hat eine deutsche Nationalmannschaft noch nie über so viel Potenzial verfügt wie in diesem Sommer. Die Europameisterschaften im eigenen Lande sind der Höhepunkt, aber aufgrund der unmittelbar vor dem Großereignis angesetzten WM-Qualifikationsspiele käme der Bundestrainer dann in diesem Wettbewerb in den in diesem Sport seltenen Genuss, seine Topakteure vor dem Finalturnier einsetzen zu können.

Euer