The „Best of the Rest“: Bonn und Ludwigsburg
In der Fußball-Bundesliga hat der FC Bayern München zehn Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft gewonnen, und kaum jemand bezweifelt, dass 2023 der elfte Titel in Serie gefeiert werden darf. Im Basketball sind wir von solchen Zuständen immer noch weit entfernt – oder vielleicht doch gar nicht so weit entfernt? Die totale Dominanz eines Clubs steht zwar in unserem Sport kurzfristig nicht zu befürchten, aber die finanziellen und damit auch die sportlichen Möglichkeiten der beiden Euroleague-Teilnehmer sind einfach deutlich höher als die des Rests der Liga. Mit Ausnahme des Finalturniers 2020, das aufgrund der Pandemie mit geändertem Modus ausgetragen wurde, standen sich seit 2018 immer ALBA BERLIN und der FC Bayern München in der letzten Playoff-Serie gegenüber. Auch in dieser Saison spricht Vieles dafür, dass wir wieder dieses Finale erleben werden. Aber wer folgt hinter den Platzhirschen, welche Teams können die Favoriten am ehesten herausfordern? Die Saison ist noch jung, aber bislang haben sich die Telekom Baskets Bonn und die MHP RIESEN Ludwigsburg als die ersten Kandidaten herauskristallisiert – genau jene Teams, die auch in der vergangenen Spielzeit das Halbfinale erreichten. Am Samstag trafen sie in Ludwigsburg aufeinander, wobei die Gastgeber den Bonnern die erste Saisonniederlage zufügten. Grund genug, die Situationen einmal miteinander zu vergleichen.
Die Gemeinsamkeiten
An beiden Standorten gab es in der jüngeren Vergangenheit einen Trainerwechsel. Überspitzt könnte man sagen, dass 2021 in Bonn der Heilsbringer kam. Denn Tuomas Iisalo führte das zu diesem Zeitpunkt dahindümpelnde Programm wieder nach oben. In Ludwigsburg wechselte der Heilsbringer John Patrick nach neun sehr erfolgreichen Jahren in diesem Sommer nach Japan, aber sein Nachfolger Josh King hat schon in kürzester Zeit bewiesen, dass er die RIESEN auf Kurs behalten wird. In beiden Programmen wird stark auf den Charakter und die Motivation der Spieler geachtet.
Beide Mannschaften haben Gemeinsamkeiten bei den Rollen und werden von starken Point Guards angeführt. Prentiss Hubb legt für Ludwigsburg 18,8 Punkte und 7,0 Assists auf, T.J. Shorts für Bonn 17,7 und 7,6, wobei er deutlich bessere Quoten wirft. Beide sind Linkshänder und haben auf dem Flügel einen Spieler an ihrer Seite, dessen Wurfampel immer auf grün steht. Jhonathan Dunn (Ludwigsburg) und Jeremy Morgan (Bonn) sind dementsprechend auch die zweitbesten Punktesammler ihrer Teams. Die Coaches King und Iisalo lassen gerne aggressiv über das ganze Feld verteidigen. Da kommt es schon überraschend, dass ihre Mannschaften bei den Ballgewinnen nur die Plätze 16 (Bonn) und 18 (Ludwigsburg) einnehmen!
Aber nicht nur national haben beide Programme bislang Stärke demonstriert, auch in der Basketball Champions League überzeugen sie und grüßen von der Tabellenspitze ihrer jeweiligen Gruppe, wobei T.J. Shorts als bislang bester Scorer und effektivster Spieler des Wettbewerbs glänzt.
Zurück zur BBL, wo Ludwigsburg (91,8) und Bonn (90,3) die meisten und drittmeisten Punkte erzielen. Beide verfügen über einen exzellenten Teamspirit. In der Wahrnehmung kommt der Erfolg über gute Verteidigung, hohes Tempo, viele Dreier und starkes Offensiv-Rebounding. Aber stimmt das auch?
Die Unterschiede
Zieht man die bisher absolvierten Bundesliga- und Pokalspiele zu Rate, findet man die Baskets bei der Pace nur auf Platz 16, Ludwigsburg dagegen auf dem dritten Platz! Die Schwaben laufen mit 117,7 Punkten pro 100 Ballbesitze die drittbeste Offensive der Liga, aber Bonn ist die Nummer Eins mit exzellenten 123,9. Auch in der Verteidigung (107,4) gehören die Rheinländer als Dritter zur Spitzengruppe, während Ludwigsburg im Mittelfeld rangiert. Ähnlich verhält es sich auch bei der Offensiv-Rebound-Quote (Bonn 2., Ludwigsburg 8.). Kommen wir zum letzten Klischee, den vielen Dreiern. Für Ludwigsburg trifft es zu, die Mannschaft nimmt pro 40 Minuten tatsächlich die meisten Würfe von Downtown. Bonn ist hier aber nur 13.! Dafür brillieren die Iisalo-Schützlinge mit starken Quoten aus dem Zweier-(1.) und Dreierbereich (3.). Shorts & Co. kommen stärker über die Qualität ihrer Würfe, die RIESEN eher über die Quantität (zweiter Platz hinter Oldenburg), auch weil sie sich fast schon traditionell die wenigsten Ballverluste der Liga erlauben.
Bonn knapp vor Ludwigsburg
Die Bonner sind den Ludwigsburgern einen kleinen Schritt voraus. Die Stadt ist einfach basketballbegeistert, während man in Ludwigsburg trotz den Erfolgen Probleme hat, die Halle zu füllen. Aber auch sportlich sehe die Baskets einen Tick besser, ihr Spiel ist schon etwas gereifter, etwas kultivierter. Deshalb sind sie knapp vor den Riesen „the best of the rest“. Aber ob die Qualität ausreichen wird, eines der Euroleague-Teams aus den Playoffs zu kegeln, ist fraglich. Allerdings waren die Bonner in der letzten Saison knapp dran, als sie gegen die Bayern im fünften Spiel der Halbfinalserie zur Halbzeit führten. Das sollte ihnen und dem Rest der Liga Mut machen.
Euer