„Entpersonalisierte“ Kritik als ein Pfeiler guter Kommunikation
Alle erfolgreichen Beziehungen basieren auf effektiver Kommunikation, sei es in einem Unternehmen, in einer Sportmannschaft oder in einer Ehe. Kommunikation ist die größte Herausforderung und die wichtigste Fähigkeit beim Aufbau starker Beziehungen. Das habe ich in über zwei Jahrzehnten als Coach im Profisport gelernt – manchmal leider auch schmerzhaft.
Viele Führungskräfte, sei es im Sport oder in der Wirtschaft, proklamieren eine „Politik der offenen Tür“, mit der sie ihren Mitarbeitern ihre Offenheit und Gesprächsbereitschaft signalisieren möchten. Diese ist aber nur eine Friede-Freude-Eierkuchen-Fassade, wenn sie nicht auch Konfliktfähigkeit und Konfliktbereitschaft umfasst und den Willen beider Seiten, aus den Gesprächen zu lernen und die daraus resultierenden Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Der ultimative Test, wie der Chef und insbesondere sein Kommunikationsverhalten eingeschätzt werden, ist die Wahrnehmung und Verarbeitung eines Gespräches, in dem der Mitarbeiter kritisiert wird. Die Führungskraft kann in solchen Situationen gravierende Fehler vermeiden, indem sie gewisse Regeln beachtet.
Wer Kritik an den Mann bringen will, sollte eine konstruktive Kommunikationsmethode wählen. Ich empfehle folgendes Gerüst: “Ich bin/Ich denke……, wenn…………,weil…..“
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus meinem ehemaligen Tätigkeitsbereich, dem Basketball, geben: „Ich bin enttäuscht, wenn Du im Angriff nach fünf Sekunden einen unvorbereiteten Wurf nimmst, weil es unserem offensiven Rhythmus abträglich ist.“
Hier bleiben die Kommunikationswege offen, weil die Kritik das Verhalten des Spielers zum Ziel hat und nicht seine Person oder Persönlichkeit. Die Würde des Spielers bleibt unangetastet.
Ich sage, „ich“ bin enttäuscht, weil es meinen Standpunkt als Gesprächspartner verdeutlicht. Ich muss mich hinter niemandem verstecken, und „wir“ oder „man“ lässt zu viel Raum für Interpretation. Danach beschreibe ich eine Handlung des Spielers und nicht seinen Charakter oder Intellekt. Abschließend spreche ich von „unserem“ offensiven Rhythmus, um die Folgen des Verhaltens für die Gruppe deutlich zu machen und damit das Verantwortungsbewusstsein des Spielers gegenüber der Mannschaft (und nicht gegenüber mir) zu schärfen.
Als Führungskräfte müssen wir beschreiben, was wir beobachten und erleben und welche Auswirkungen es für unser Team hat.
Die meisten Menschen neigen dazu, Kritik als einen Angriff auf ihre Person (miss) zu verstehen. Kritik beinhaltet aber auch immer eine Beziehungsaussage („Du bist mir wichtig“) und schließt damit eine Form der Anerkennung und Wertschätzung ein. Kritik signalisiert zudem, dass ich meinem Mitarbeiter eine Verbesserung zutraue. Dies zu verstehen, fällt nicht jedem Gesprächspartner leicht. Aber wenn ich als Führungskraft Kritik entpersonalisiere, begreift mein Gegenüber eher, dass es mir nicht um eine persönliche Attacke geht, sondern um eine Verhaltensänderung zum Wohle des Teams.
Euer