Bennet Hundt trotzt dem Trend

Nick Calathes ist 1,98 Meter groß. Der Grieche ist mit seiner Länge eine Art Prototyp des modernen Spielmachers im europäischen Spitzenbasketball. Mit 8,8 Assists führt er die Euroleague bei den Korbvorlagen an, in der vergangenen Spielzeit wurde er zum besten Spieler auf seiner Position gewählt. Doch im mit Spannung erwarteten griechischen Duell gegen Olympiakos Piräus in der vorletzten Woche stahl ihm sein Back-up bei Panathinaikos Athen die Schau. Mein Ex-Spieler Tyrese Rice erzielte im griechischen Euroleague-Derby 41 Punkte. Dabei ist er mit einer Größe von nur 1,80 Meter beinahe schon ein antiquierter Gegenentwurf in einer Zeit, in der die Spieler auf den Guard-Positionen immer größer werden. Aber ist es gibt genug Beispiele, dass herausragende Akteure mit überschaubarer Körpergröße dem Spiel ihren Stempel aufdrücken können. Der nur 1,67 Meter große David Holston, ebenfalls ein ehemaliger und ganz besonderer Spieler von mir, gewann in der vergangenen Saison den Titel des wertvollsten Spielers in Frankreich. Vor allem aber ist der derzeit beste Basketballer in Europa ebenfalls kein Riese. Shane Larkin von Anadolu Efes Istanbul misst 1,80 Meter und erzielte neben seinen konstanten herausragenden Leistungen vor zwei Wochen mit 49 Punkten gegen Bayern München einen fantastischen Euroleague-Rekord.

Sprössling einer Basketballfamilie

Auch in Deutschland sorgt ein junger Akteur, der gerade einmal 180 cm misst, für Furore. Bennet Hundt, von der BG Göttingen, gehört zu den Entdeckungen der Saison und ist ein legitimer Kandidat für die Auszeichnung des besten Nachwuchsspielers. Bislang legt er starke 12 Punkte und 5,3 Assists auf. Der 21Jährige stammt aus einer basketballverrückten Familie. Sein Vater spielte in der 2. Liga, seine Mutter – genauso wie deren Schwester und Bruder – in der Jugendnationalmannschaft. Sein älterer Bruder Jannes läuft aktuell für den Zweitligisten Artland Dragons auf. „Ich war von klein auf in Hallen, Basketball war immer ein Thema in unserer Familie“, erinnert er sich. Hundt ist in Berlin aufgewachsen, entschied sich aber im Sommer dazu, die Hauptstadt und das Programm von Alba zu verlassen: „In Berlin gab es keinen wirklichen Platz. Es war an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen.“

Längennachteile wettmachen

In Göttingen erhält er Vertrauen und Spielzeit. Dass Hundt, der bei U20-EM 2018 die Bronzemedaille gewann, aber so einschlagen würde, hatte trotz seines guten Basketball-IQs und seiner exzellenten Arbeitseinstellung kaum jemand erwartet. Defensiv ist der Linkshänder ein unangenehmer Gegenspieler, der es als Kompliment empfindet, dass ihm eine Terrier-Mentalität nachgesagt wird. „Ich muss meinen Größennachteil durch Kampf, Energie und Einsatz wettmachen und dabei meinen tiefen Körperschwerpunkt nutzen“, erläutert er. Hundt glaubt, dass man als kleiner Spieler mental stark sein muss, vor allem aber sehr aufmerksam, dass man in der Verteidigung nicht in schwierige Positionen gebracht wird.

„Das Maximale herausholen“

Sein Credo ist es, in allen Dingen besser zu sein, die nichts mit Größe zu tun haben: Dribbeln, passen, werfen. „Ich sehe auch meine Vorteile. Ich bin wendiger und kann tiefer attackieren“, sagt Hundt, der es nicht als problematisch empfindet, ein kleiner Basketballer zu sein: „Das fällt mir gar nicht mehr auf. Ich war schon immer der Kleinste.“ Trotz dieses vermeintlichen körperlichen Nachteils gehörte seine Liebe von Kindesbeinen an dem Basketball, auch wenn er sich beim Fußball und Tennis versuchte. Echte Vorbilder habe er keine gehabt, aber heute wie damals liegt sein Fokus auf den kleinen Spielern, wenn er sich eine Partie ansieht. Aktuell schaut er sich gerne Dinge bei Facundo Campazzo (Real Madrid) und Ali Muhammed (Fenerbahce Istanbul) ab, um seine Entwicklung voranzutreiben: „Ich möchte mich verbessern. Am Ende will ich sagen können, dass ich das Maximale herausgeholt habe.“ Wenn er weiterhin auf dem bislang gezeigten Niveau agiert, dürften die Interessenten im Sommer Schlange stehen.

Euer