Bonn steht unter Druck: Schicksalsspiel für Thomas Päch?

Thomas Päch- Basketball Korb im Freien

Bonn steht unter Druck: Schicksalsspiel für Thomas Päch?

20 Playoff-Teilnahmen in 23 BBL-Jahren stehen für die Telekom Baskets Bonn zu Buche. Dabei spielten die Rheinländer fünf Finalserien, von denen sie allerdings keine einzige gewinnen konnten. Aber am Samstag (ab 20.15 Uhr bei MagentaSport) steht in Gießen Abstiegskampf pur auf dem Programm. Seit dem hauchdünnen 77:76-Sieg zum Saisonauftakt gegen die Fraport Skyliners konnten die Bonner lediglich das Tabellenschlusslicht aus Weißenfels besiegen. Entsprechend hoch ist der Druck, nachdem zuletzt auch die Heimspiele gegen die angezählten Hamburger und Braunschweiger verloren wurden.

Mit Thomas Päch verpflichteten die Bonner im Sommer einen neuen Head Coach. Der 37Jährige steht, abgesehen von einem kurzen Intermezzo in Berlin, erstmals an vorderster Front. Seine Verpflichtung jetzt als einen Fehler zu klassifizieren, wäre unfair. Stattdessen haben die Bonner bei der Zusammenstellung des Kaders kein glückliches Händchen bewiesen. Hier liegt aus meiner Sicht die Ursache für viele Probleme. In welchen Bereichen ich Defizite sehe, möchte ich nun aufzeigen.

Breite statt Spitze

Die Bonner hatten sich zunächst bewusst für nur fünf Ausländer entschieden. Dies hatte den Vorteil, dass man national und international mit dem gleichen Team auflaufen konnte. Aber gibt es in dieser Mannschaft auch eine Hierarchie? Zehn Akteure spielen bislang zwischen knapp 17 und dem Höchstwert von 24.15 Minuten. Basketballspiele werden in der Spitze und nicht in der Breite entschieden. Die Telekom Baskets verfügten in der Vergangenheit immer wieder über Akteure, die den Unterschied machen konnten. Dafür muss man nicht alle Namen wie Derrick Phelps oder Sasa Nadfeji aufführen. Branden Frazier scheint am ehesten prädestiniert, die Rolle des Go-to-Guys übernehmen zu können. Aber wer außer ihm ist noch in der Lage, aus der Masse hervorzustechen? Angesichts dieses Dilemmas und aufgrund des medialen Drucks hat Sportdirektor Michael Wichterich zwei Nachverpflichtungen getätigt. Mit Alec Brown kam ein 2,16-Mann, der zuletzt in Russland spielte. Aber auch er ist ein Spieler, der sich vom Niveau her eher in die schon vorhandene Struktur einreiht. Zudem gilt er als mental und physisch soft, was man großen Teilen der Mannschaft ohnehin vorwirft. Aus meiner Sicht hätte Bonn ein etwas kleinerer, aber athletischerer Spieler unter den Körben deutlich besser zu Gesicht gestanden. Ein Typ wie Hassan Martin, der letzte Saison in Bayreuth spielte, hätte für mich mehr Sinn ergeben. Mit dem 33jährigen Geno Lawrence holte der Club auf der Spielmacherposition einen alten Bekannten zurück, der schon eher die im Abstiegskampf nötig Toughness verkörpert und dem Spiel mehr Struktur verleihen kann.

Die Altersstruktur

Wer in dieser Mannschaft ist hungrig? Das Durchschnittsalter liegt bei knapp 29 Jahren. Sieht man vom 23Jährigen Stephen Zimmerman ab, der aber nur als Backup Verwendung findet, wurde der Altersschnitt mit den Neuzugängen sogar noch erhöht. Welcher Spieler in Bonn hat großes Verbesserungspotenzial? Diese Frage mag polemisch klingen, verdeutlicht aber einen Teil des Problems. Es spricht nichts gegen Erfahrung, aber gerade bei den neuen Ausländern dürfte dieser Talentlevel auch bei jüngeren Spielern zu finden gewesen sein.

Offensive und defensive Identität

Thomas Päch möchte in der Offensive die Ideen Aitos einbringen. Für die meisten Spieler dürfte dieser Ansatz mit Umstellungsproblemen verbunden sein. Verfügt die Mannschaft über die Spielertypen für diesen Basketball? Schlüsselfigur in Berlin ist Luke Sikma. Vielleicht hätte es Bonn gutgetan, Seth Hinrichs zu verpflichten, der als Power Forward über ähnliche Qualitäten verfügt, aber im Sommer in Ulm unterschrieb. Die Defensive ist aber eine noch größere Baustelle. Nur Aufsteiger Hamburg kassiert mehr Gegenpunkte als die Rheinländer, die 91,9 Zähler pro Begegnung zulassen. Aus dem Zweierbereich werfen die Kontrahenten 63,7 Prozent(!), auch weil keinerlei Rimprotection vorhanden ist (nur 0,7 Blocks pro Spiel). Diese Zahlen werfen die nächste Frage auf: Ist diese Mannschaft athletisch genug?

Schafft Päch den Befreiungsschlag?

Bislang haben die Telekom Baskets Bonn zwei Gesichter gezeigt. Auf der einen Seite stehen der sensationelle Pokalerfolg in München und überwiegend gute Vorstellungen in der Basketball Champions League, die untermauern, dass in dieser Mannschaft deutlich mehr steckt als sie bislang in der Liga gezeigt hat. Aber die Stimmung bei den Fans ist längst gekippt. Thomas Päch ist ein integrer und talentierter Coach. Es ist ihm zu wünschen, dass er das Schiff auf Kurs bekommt. Möglicherweise ist die Partie am Samstag in Gießen seine letzte Chance, das Ruder noch herumzureißen. Dass ausgerechnet jetzt die Bonner auch noch vom Verletzungspech heimgesucht werden, ist für dieses Unterfangen alles andere als hilfreich.

Euer