Mein Finalfazit

Mein Finalfazit

In der Endspielserie trafen die beiden Mannschaften aufeinander, die sich sowohl die Medien als auch die Fans gewünscht hatten – es war also das Traumfinale. Seit dem Ende der Bamberger Meisterschaftsära 2017 haben sich München und Berlin als die unumstrittenen Platzhirsche etabliert. Beide Teams waren bis zum Finale ungeschlagen durch die Playoffs spaziert, was die Dominanz beider Mannschaften unterstreicht, obwohl Experten zumindest für die vom dritten Hauptrundenplatz gestarteten Berliner im Halbfinale gegen Oldenburg mehr Schwierigkeiten prognostiziert hatten. Letztendlich bestritten die beiden Mannschaften, die die mit Abstand höchsten internationalen Belastungen hinter sich haben, die Finalserie. Einerseits dienten die europäischen Wettbewerbe als ein Stahlbad, um sich Wettkampfhärte für den Saisonabschluss zu holen. Andererseits war dieses Pensum aber auch nur leistbar, weil die Tiefe der Kader die insgesamt 75 (München) bzw. 71 (Berlin) Pflichtspiele zuließ.

In der nächsten Spielzeit dürften es eher noch mehr werden. Beide Finalisten werden in der Euroleague antreten. 2019/2020 wird die Königklasse erstmals 18 Teams umfassen, so dass München und Berlin ohne Pokalwettbewerb und Playoffs bereits 68 Partien absolvieren müssen. Dieser Umstand dürfte die bereits begonnenen Entwicklungen beschleunigen. Die beiden Aushängeschilder benötigen qualitativ und quantitativ eine weitere Steigerung beim spielenden Personal, wobei diese wiederum die entsprechenden materiellen Mittel voraussetzt. Aber mit der Euroleague als Zugpferd ist sowohl eine Aufstockung des Etats möglich als auch eine sportliche Grundlage gegeben, um Topspieler zu binden. Bei den Bayern kursieren für die nächste Spielzeit Summen von 25 bis 30 Millionen Euro. Damit sollten die Münchner auf jeden Fall die Playoffs im besten europäischen Vereinswettbewerb erreichen können. Berlin dürfte von solchen Beträgen ein gutes Stück weit entfernt sein.  Dennoch gelang es den Verantwortlichen, Luke Sikma für vier weitere Jahre an den Verein zu binden. Der Schlüsselspieler der Albatrosse hatte nach seinen Auszeichnungen als wertvollster Spieler der Bundesliga (2018) und wertvollster Akteur im Eurocup (2019) hochdotierte Angebote europäischer Spitzenclubs vorliegen. Sein langfristiger Verbleib in Berlin ist ein klares Signal und spricht dafür, dass auch dort der Etat gesund wächst.

Diese Entwicklung wird von vielen Bundesligavereinen kritisch gesehen, die befürchten, dass die Schere materiell und sportlich immer weiter auseinanderklafft. München und Berlin fordern schon seit Jahren eine Verkleinerung der Bundesliga, um die Belastungen ihrer Spieler zu reduzieren. Die Mehrheit der Vereine hat diese Bestrebungen bislang erfolgreich abgewehrt. Letztendlich könnte der Saisonverlauf 2018/2019 eine Blaupause für die nähere Zukunft sein. Die Euroleague-Teilnehmer lassen in der Hauptrunde aufgrund ihres immensen Programms punktuell Federn, sind aber in den Playoffs aufgrund ihrer extremen personellen Tiefe und der im qualitativ hochwertigen internationalen Wettbewerb gemachten Erfahrungen unantastbar. Spannung birgt dann nur noch das direkte Duell der Besten, der Showdown der Revolverhelden am Ende des Westerns.

Aber auch das könnte fraglich sein. Während die Berliner sich über die Rückkehr in der Euroleague freuen, geht es für die Bayern um mehr als nur das Dabeisein. Mittelfristig könnten die Münchner angesichts der Möglichkeiten, die sich ihnen eröffnen, das Final Four anstreben. Es besteht die Gefahr, dass nicht nur die Diskrepanz zum Rest der Liga wächst, sondern auch zwischen den beiden Hauptdarstellern.

Manche Beobachter glauben, dass die Berliner aufgrund dessen in den diesjährigen Finalspielen ihre letzte Meisterschaftschance in absehbarer Zeit vor Augen hatten. Aber letztendlich grüßte täglich das Murmeltier – Berlin gelang es in allen drei Spielen nicht, eine gute Ausgangsposition in einen Sieg umzumünzen. Möglicherweise hat sich dieses Schema schon in die Psyche beider Teams eingebrannt, weil sich dieses Muster auch schon in Begegnungen vor dieser Endspielserie etabliert hatte.

Die Bayern schienen auch größere Berliner Führungen mit stoischer Gelassenheit zu verarbeiten. Fast konnte man das Gefühl gewinnen, dass sie es nicht anders erwartet hatten und es ihnen keinerlei Sorgen bereitete. Lass die Berliner sich austoben, wir wissen, dass wir mit zunehmender Spieldauer Zugriff finden und unseren Stil etablieren werden – so wirkte das Münchner Credo. Die grundsätzliche defensive Steigerung des alten und neuen Meisters nach der Pause untermauert diese Einschätzung.

Vom wichtigsten Berliner Spieler kamen in den Finalspielen zu wenige Punkte. Sikma ist ein großartiger Basketballer, aber diese Serie belegte erneut, dass sein Scoring-Potenzial gegen hochkarätige Konkurrenten limitiert ist. Die Bayern waren das toughere Team in den 1-1-Duellen. Sie traten in diesem Bereich einfach konsequenter auf. Gleiches gilt für die Entscheidungsfindung. Bei ihnen war jederzeit spürbar, dass Profisport ein ergebnisorientiertes Geschäft ist. Berlin war oft zu fahrlässig, und deshalb hat Bayern München seinen Titel völlig verdient verteidigt. Letztendlich hat die Mannschaft von Dejan Radonjic nicht nur spielerisch, sondern auch emotional immer die richtigen Antworten gefunden.

Euer

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