Mit Christian und Ralph Held als Aufsteiger Spitze

Die Silhouette von Basketballern, die am Meer auf einen Korb spielen

Mit Christian und Ralph Held als Aufsteiger Spitze

Der Vater als Trainer seiner Söhne, das ist im Sport nicht außergewöhnlich. So hatte John Patrick in der vergangenen Spielzeit seine Sprösslinge Johannes und Jacob in Ludwigburg gecoacht, bevor er eine neue Herausforderung in Japan suchte. Vater und Sohn sind als Trainertandem hingegen schon ungewöhnlicher, vor allem, wenn der Filius die Verantwortung trägt und der Vater als Assistenz-Coach die Rolle des Zuarbeiters übernimmt. Die Zusammenarbeit hat und erfordert einen besonderen Charakter. Christian und Ralph Held arbeiten in dieser außergewöhnlichen Konstellation für den Liganeuling Rostock Seawolves, der am Wochenende nach vier siegreichen Spielen gegen den Deutschen Meister aus Berlin seine erste Niederlage kassierte.

Zusammenarbeit nicht von langer Hand geplant

Die Entscheidung zu dieser Zusammenarbeit war nicht von langer Hand geplant. Nach zwei Jahren als Cheftrainer beim Zweitligisten Trier wechselte Christian Held 2020 als Co-Trainer von Dirk Bauermann an die Ostsee. Als die langfristig angedachte Kooperation der Rostocker mit dem ehemaligen Bundestrainer bereits nach einem Jahr zu Ende ging, wurde Held zum neuen Head Coach ernannt. Eine seiner ersten Amtshandlungen war der Anruf beim Vater, der ihm die Liebe und Leidenschaft zum Spiel vorgelebt und vermittelt hatte. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir Gedanken gemacht, ob ich in Rente gehe“, erinnert sich Ralph Held, der über 20 Jahre als Co-Trainer in der Bundesliga aktiv war und mit Trier und Oldenburg Titel gewonnen hatte. Der zu diesem Zeitpunkt 63Jährige wertete die Anfrage seines Sohnes als einen immensen Vertrauensbeweis, war sich aber auch bewusst, „dass wir im Falle des Misserfolgs extrem hinterfragt werden würden“. Dazu ist es bislang aber nicht gekommen. Stattdessen haben die Helds Rostock bereits in ihrer ersten gemeinsamen Saison ins Oberhaus geführt. Und auch in der BBL stehen sie bislang für Erfolg.

Die branchenübliche Aufgabenverteilung

Ralph Held stellt unmissverständlich klar, dass es seine Motivation ist, sein Wissen und seine vielfältigen Erfahrungen einzubringen, dass aber die alleinige Richtlinienkompetenz bei seinem 34jährigen Sohn liegt. Beide betonen, dass dies problemlos und konfliktfrei funktioniert. Die Aufgaben und Verantwortungsbereiche sind exakt so verteilt, wie es üblich ist. „Für mich läuft es hervorragend“, sagt Christian Held, der seinem Vater großen Respekt zollt, dass er die berufliche von der familiären Situation abgrenzen kann, so dass es im privaten Bereich zu keinerlei Belastungen kommt. „Ich bin ein junger Trainer,“ führt er weiter aus, „und ich wollte einen Assistenten an meiner Seite, der viel durchlaufen hat und auf den ich mich zu einhundert Prozent verlassen kann. Gibt es da eine bessere Lösung als den Vater?“

Dabei kommt es häufig zu Situationen, in denen unterschiedliche Vorstellungen diskutiert werden. Aber mit Christians Entscheidung ist das Thema dann abgeschlossen, auch wenn es vorher durchaus harte Auseinandersetzungen auf der Sachebene gab. „Wir haben uns schon immer argumentativ über Basketball ausgetauscht. Wenn sich jetzt im Umgang miteinander etwas ändern würde, wäre es für mich der Anlass, sofort aufzuhören, denn die Familie hat oberste Priorität“, stellt der Vater klar.

Personelle Kontinuität als Faktor für den Erfolg

Unter ihrem Chef Christian Held sind die Rostocker um die bislang überragenden JeQuan Lewis und Derrick Alston Jr. extrem stark in ihre Debütsaison im Oberhaus gestartet, was viele Skeptiker nicht für möglich hielten. Die bewusste Entscheidung, acht Spieler der Aufstiegsmannschaft zu halten, wurde auch vereinsintern als Risiko eingestuft. Doch der Head Coach war von dieser Maßnahme überzeugt, weil das ein Weg war, den viele erfolgreiche Aufsteiger in den letzten Jahren gegangen waren. Noch wichtiger waren für ihn aber zwei andere Faktoren: „Unser System lebt von der Entscheidungssicherheit der Spieler. Da hilft es, wenn die Spieler diesen Prozess schon durchlaufen haben. Außerdem wollte ich das Selbstbewusstsein der Aufstiegssaison mitnehmen.“

Letzteres ist den Seawolves ganz offensichtlich gelungen. Der Spirit und der Glaube an die eigene Stärke zeichnen die Mannschaft bislang aus. Auch Rückstände haben das Team nicht aus dem Konzept gebracht. Die Rostocker sind bislang die Comeback-Könige der Liga, weil sie mit ihrer Fähigkeit in Runs viele Punkte zu erzielen, ein Spiel drehen können. Entsprechend groß ist trotz des Dämpfers gegen Berlin die Euphorie im Umfeld. Doch Christian Held bleibt realistisch und mahnt an, dass seine Mannschaft noch konstanter werden muss. Der Vereinsvorsitzende André Jürgens hat dagegen große Ziele und spricht schon über eine mittelfristige Playoff-Teilnahme. Nach vier Jahren in der dritten (2014-2018) und vier weiteren in der zweiten Liga (2018-2022) wäre das der logische Schritt für das sich stetig entwickelnde Projekt, das mit Christian Held und seinem Vater Ralph über eine ungewöhnliche, aber höchst effektive Combo auf der Trainerbank verfügt.

Euer