Trainer einer Auswahlmannschaft zu sein, ist eine ehrenvolle Aufgabe. Aber die Selektion des spielenden Personals für ein großes Turnier gehört zu den schwierigsten Herausforderungen, denen sich ein Bundestrainer stellen muss. Joachim Löw musste 2018 viel Kritik für seinen WM-Kader einstecken, insbesondere für den Verzicht auf Leroy Sané. Aktuell liegt sein Kollege von den Basketballern bei der Gestaltung seines Aufgebots in den letzten Zügen. Ende August beginnt die Weltmeisterschaft in China, und Henrik Rödl muss, nachdem er nach dem Supercup Moritz Wagner aussortierte, noch einen Akteur streichen. Je nach taktischer Ausrichtung kann es ein Innen- oder ein Außenspieler sein. Doch egal wie der 50Jährige sich entscheiden wird, eine Diskussion wie bei den Fußballern scheint unabhängig vom Ausgang des Turniers unwahrscheinlich. Die Topstars sind gesetzt, und jetzt geht es nur noch um den letzten Platz.
Rödl hatte von Anfang an eine ganz klare Vorstellung, wen er mit nach Asien nehmen möchte. In den WM-Qualifikationsspielen setzte er insgesamt noch 26 Spieler ein, was auch der Tatsache geschuldet war, dass die NBA- und Euroleaguebasketballer nur bedingt zur Verfügung standen. So kam es etwas überraschend, dass sein erster Kader für den Saisonhöhepunkt nur 16 Akteure umfasste, zumal die aktuelle Generation als besonders tief besetzt gilt, so dass man eigentlich problemlos zwei Nationalmannschaften stellen könnte, und auch die meisten anderen Nationen ihr erstes Aufgebot deutlich breiter fassten. Bereits vor dem ersten Test gegen Schweden reduzierte Rödl den Kader auf 14. Zwölf Spieler dürfen in China mit dabei sein.
Bastian Doreth und Karsten Tadda, die neben Ismet Akpinar als Einzige in allen zwölf Qualifikationsspielen zum Einsatz kamen, tauchten erst gar nicht auf. Gleiches gilt für die mit Euroleagueerfahrung ausgestatteten Tibor Pleiß und Maik Zirbes, die dem Überangebot an langen Qualitätsspielern zum Opfer fielen. Lediglich Youngster Isaiah Hartenstein sagte frühzeitig ab, um sich auf seine NBA-Saison bei den Houston Rockets vorzubereiten.
Mit der Nominierung des ersten Aufgebots signalisierte der Bundestrainer klar, dass es ihm vor allen um eine ernsthafte Vorbereitung geht, die er nicht durch Konkurrenzkampfscharmützel in Frage gestellt sehen möchte.
Nachdem beim souveränen 78:46 gegen Schweden noch Superstar Dennis Schröder fehlte, hatte die Mannschaft beim Supercup in Hamburg alle Mann an Bord haben. Jetzt stehen noch zwei Testspiele in Japan auf dem Programm, nach denen der Bundestrainer seinen endgültigen Kader nominieren muss.
Aktuell stehen fünf Innenspieler im Kader, einer von ihnen muss möglicherweise noch gehen. Da Maxi Kleber, Danilo Barthel, Daniel Theis und Johannes Voigtmann sicher dabei sein werden, würde es im Falle eines Cuts bei den Großen Johannes Thiemann treffen. Die 80 Minuten auf den Positionen Vier und Fünf lassen sich problemlos zwischen den vier Platzhirschen aufteilen, und ansonsten könnte man auch sogenannten Small Ball spielen, also mit einem Small Forward als Power Forward. Paul Zipser, Robin Benzing und Niels Giffey haben diese Rolle alle schon ausgefüllt. Allerdings ist diese Variante im Vereinsbasketball deutlich beliebter als bei den Auswahlteams.
Es könnte also gut sein, dass noch ein Guard gehen muss. Isaac Bonga und Andreas Obst müssten sich in diesem Fall wohl die größten Sorgen machen. Während der erst 19jährige Bonga nach seiner ersten NBA-Saison vor allem seine defensiven Attribute in die Waagschale werfen kann, ist der aus Spanien in die Bundesliga zurückkehrende Obst ein exzellenter Schütze.
Rödl hat taktisch viele Optionen und damit auch die Qual der Wahl. Hoffentlich bleibt dies bis zum Ende der Vorbereitung auch so. Es wäre schade, wenn eine Verletzung dem Bundestrainer die letzte Entscheidung abnehmen würde.
Euer