1-1-Qualität als Fundament guter Verteidigung

Chris Webber rettet den Ball knapp vor dem Aus

1-1-Qualität als Fundament guter Verteidigung

Wie wir wissen, wird kaum eine Sportart so stark statistisch unterfüttert wie Basketball. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen die Spieler, die die meisten Punkte erzielen, auch automatisch als die besten in unserem Sport wahrgenommen werden. Während über viele Jahre hinweg vor allem die offensiven Leistungen in immer differenzierteren Statistiken dargestellt wurden, sind mittlerweile auch defensive Anstrengungen stärker in den Fokus gerückt. Die offensiven Statistiken der Kontrahenten, insbesondere deren Wurfquoten, müssen schon lange nicht mehr als wichtigste Indikatoren für die eigene defensive Leistung herhalten.

1-1-Verteidigung als Fundament

Im modernen Basketball muss ein Verteidiger auf höchstem Niveau in der Lage sein, seinem Kontrahenten sowohl den Wurf als auch den Drive zum Korb wegzunehmen. Das ist unabdingbar für den Erfolg. Da kein Basketballspiel 0:0 endet, wird sofort offensichtlich, dass dieser Anspruch nur sehr bedingt umsetzbar ist. Dennoch ist eine gute 1-1-Verteidigung angesichts der immer größer werdenden Offensivqualitäten die Basis für eine erfolgreiche Defensivarbeit. Wenn ein Spieler in seinem direkten Duell geschlagen wird und das Team dadurch rotieren muss, ist die Ballbewegung der Angreifer in der Regel so gut, dass ein hochprozentiger Abschluss die Folge ist. Gewinnt eine Mannschaft drei der fünf 1-1-Vergleiche, gewinnt sie wahrscheinlich auch das Spiel. Gewinnt ein Team vier individuelle Duelle, tendieren die Chancen schon stark gen 100 Prozent. Deshalb gibt es Coaches, die Verteidigern, die im 1-1 geschlagen werden, sofort einen neuen Gegenspieler zuweisen. Sollte auch das nicht funktionieren, wechseln sie den Akteur aus.

Offensichtlich werden die Positionierungen und Rotationen in der Team-Defense immer ausgeklügelter und exakter, aber Spieler, die fragen, wo ihre Hilfe blieb, sollten sich vergegenwärtigen, dass sie selbst der Ursprung des Problems waren und wo ihre Motivation liegt.

Die 1-1-Verteidigung ist auch relevant, wenn geswitcht wurde. Dieses Mittel wird immer populärer, und die Fähigkeiten physisch starker Guards und beweglicher langer Leute, in diesen Momenten Größen- und Schnelligkeitsnachteile zu minimieren, sind stark gefragt.

Das „neue“ Zahlenwerk

Kommen wir am Beispiel der NBA zu defensiven Zahlen, die derzeit – unabhängig von internen und externen Statistikdienstleistern der Teams – erfasst werden. Neben den im Laufe der Zeit zu den von Anfang an erfassten offensiven Statistiken hinzugekommenen Ballgewinnen und geblockten Würfen werden eine Vielzahl weiterer defensiver Werte sowohl für Mannschaften als auch für Einzelspieler mit Gesamtvolumen, aber auch detailliert pro Spiel, pro Minute bzw. pro Ballbesitz, abgebildet, so dass Coaches eine Unmenge defensiver Ziele ausgeben können.

Als Basis dient das Prinzip der Possession Evaluation, das der legendäre College-Trainer Dean Smith in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte. Für seine Teams der University of North Carolina formulierte er als Ziel, nicht mehr als 75 Punkte pro 100 Ballbesitze zuzulassen. Durch die Einführung der Dreipunktelinie und die Weiterentwicklung des Spiels ist diese Zahl heute utopisch niedrig. Wer es schafft, weniger als 100 Punkte pro 100 Ballbesitze zu kassieren, ist exzellent. In der BBL schafft das nur ALBA BERLIN mit einem Wert von 97,8. Der Deutsche Meister ist mit 73,2 Prozent auch spitze bei den Defensiv-Rebounds. Die meisten Turnovers forcieren die MHP RIESEN Ludwigsburg. Gegen das Team von John Patrick enden 23,8 Prozent der Ballbesitze mit dem Verlust des Spielgeräts.

Nicht alles ist statistisch darstellbar

Außer diesen mittlerweile wichtigsten defensiven Richtwerten misst die NBA auch wie häufig Pässe abgefälscht werden, da dies den Rhythmus der angreifenden Mannschaft verändert. Wie viele Offensivfouls nimmt ein Spieler an, wie viele freie Bälle ergattert er, wie viele Würfe erschwert er insgesamt, wie viele davon aus dem Zweier- und wie viele aus dem Dreierbereich, wie oft blockt er seinen Gegenspieler vor dem Defensiv-Rebound aus? All diese Zahlen stellt die Liga mittlerweile zur Verfügung und spezifiziert somit die defensiven Rollen.

In Europa sind wir noch nicht so weit. Aber letztendlich kann man nicht alle defensiv relevanten Attribute objektiv darstellen. Für laterale Beweglichkeit, Antizipation und Reflexe sind Testbatterien möglich, aber wie will man Stolz, Hartnäckigkeit oder Cleverness messen?

Euer