Die Rückkehr der Wirbelwinde

Zwei Spieler kämpfen auf einem Freiplatz im 1-1-Duell um den Balll

Die Rückkehr der Wirbelwinde

Nach sechs Spieltagen lässt sich konstatieren, dass die BBL einen fulminanten Saisonstart hingelegt hat. Die Rückkehr der Zuschauer unter unterschiedlichen Bedingungen (2G- und 3G-Standorte), hochumkämpfte Partien und einige faustdicke Überraschungen kennzeichneten die ersten Runden. Es ist richtig Leben in der Bude, auch weil kleine Point Guards das Gaspedal durchdrücken und für spektakuläre Momente sorgen.

Fast alle Spiele sind tempogeladen. Es geht mit viel Intensität hin und her. Auf die kickende Zunft übertragen, könnte man das „Rauf-und-runter-Fußball“ nennen, so wie es Günter Netzer vor ca. 50 Jahren tat, um den Ansatz seines Trainers Hennes Weisweiler leicht despektierlich zu umschreiben. Netzer meinte damit einen Stil, der in der englischen Premier League jahrzehntelang üblich war, bevor diese sich kontinentalen Einflüssen öffnete.

Hohes Tempo dank atemberaubender Pacemaker

Daran erinnert im Moment die BBL, deren meiste Teams sich sich auf die Fahnen geschrieben haben, schnell zu spielen. Dieser Ansatz hat auch die Renaissance des kleinen, wendigen und nicht ausrechenbaren Kreativspielers entscheidend mitbeeinflusst. Während in der Euroleague die Top-Spielmacher Nick Calathes (FC Barcelona) und Vasilije Micic (Anadolu Istanbul) an den zwei Metern kratzen, erleben wir in der BBL die Rückkehr der kleinen Wirbelwinde, die sich als atemberaubende Pacemaker präsentieren. Wir genießen Spieler, denen es immer wieder gelingt, über ihre Geschwindigkeit sowohl im Umschaltspiel als auch im Halbfeldangriff Lücken in die gegnerische Verteidigung zu reißen, die dann eigene Korberfolge oder hervorragende Abschlussmöglichkeiten für ihre Mitspieler nach sich ziehen. Tolle Finten im Dribbling mit unerwarteten Richtungswechseln und Tempobeschleunigungen zeichnen diese Akteure aus, die aufgrund ihrer geringeren Körperlänge in der Regel ein besonderes Maß an Motivation in die Waagschale werfen, um ihre Ziele zu erreichen.

PJC, T.J. Shorts und Justin Robinson brillieren

Mit Parker Jackson-Cartwright (1,80 Meter, Telekom Baskets Bonn), T.J. Shorts (1,75 Meter, Hakro Merlins Crailsheim) und Justin Robinson (1,73 Meter Brose Bamberg) haben drei dieser Spieler den ersten Runden ihren Stempel aufgedrückt. Dieses Trio gehört bislang zu den Attraktionen der Liga, es glänzt mit spektakulären Aktionen und legt exzellente Zahlen auf. Robinson gelangen bislang 15,2 Punkte, Jackson-Cartwright 19,5 Zähler (3.) und Shorts 18,8 Punkte (4.). Sehen wir von Jabril Durham ab, der die Hamburg Towers Richtung Italien verlassen hat, belegen sie bei den Assists drei der ersten vier Plätze. Robinson führt hier das Klassement mit 8,8 Korbvorlagen vor Shorts mit 8,3 an. Jackson-Cartwright rangiert mit 7,0 Assists auf dem vierten Platz. Seine Zahl läge deutlich höher, wenn seine Mannschaftskameraden bei über 36 Dreierversuchen pro Partie mehr als die ausbaufähigen 32,3 Prozent eintüten würden. Daneben gibt es weitere „kleine“ (1,80 Meter große) Point Guards in der Liga. Die EWE Baskets Oldenburg, ein Team mit gehobenen Ansprüchen, vertrauen mit Phil Pressey und Bennet Hundt gleich auf zwei dieser Spielmacher. Dazu kommen noch die beiden BBL-Rückkehrer Kyan Anderson (JobStairs GIESSEN 46ers) und Stephen Brown (BG Göttingen) sowie Tookie Brown von den Basketball Löwen Braunschweig, der mit seinem bulligen Körper an die Trierer Legende Carl „Charly“ Brown erinnert.

Ich weiß nicht, ob wir jemals so viele kleine Spielmacher in der Liga hatten. Mit Tyrese Rice (1,80 Meter) und David Holston (1,67 Meter) durfte ich in Quakenbrück zwei außergewöhnliche Point Guards coachen, die entscheidend zu unserem Erfolg beitrugen und nicht nur mir vor Augen führten, wie Spielwitz und Ideenreichtum unseren Sport auf ein höheres Niveau hieven können.

Euer