Es fehlt an Geld, Breite und Tradition

Es fehlt an Geld, Breite und Tradition

Mit dem Mitteldeutschen BC und Science City Jena kämpfen die beiden einzigen ostdeutschen Vereine in der Basketball-Bundesliga um den Klassenerhalt. Sollten beide Clubs absteigen, wäre dies ein herber Rückschlag für den Basketball in den neuen Bundesländern, der dort seit jeher mit erschwerten Bedingungen zurechtkommen muss.

1969 fasste der DDR-Ministerrat den Entschluss, Sportarten ohne Medaillenchance bei den Olympischen Spielen in der Förderung massiv zu beschneiden. Davon betroffen waren auch die Basketballer, deren Schicksal damit endgültig besiegelt wurde. 48 Jahre später, 2017/2018 spielten mit Science City Jena, dem Mitteldeutschen BC und den Oettinger Rockets in Erfurt erstmals drei ostdeutsche Mannschaften in der Basketball-Bundesliga. Doch bis dahin war es ein langer und schwieriger Weg für die Korbjäger in den neuen Ländern, die immer noch die Folgen der Entscheidung von 1969 spüren.

Ohne Basketballeltern keine Basketballkinder

Als der in Göttingen geborene Jenaer (Ex-)Coach Björn Harmsen 1994 als Zwölfjähriger nach Thüringen kam, war Jena der einzige Verein im ganzen Bundesland, der leistungsorientiert im Basketball arbeitete. Es gab in der Stadt eine gewisse Basketball-Tradition, weil Jena zu DDR-Zeiten in der Oberliga gespielt hatte. Viel wichtiger war aber aus Harmsens Sicht, dass 1992 Basketball an der Sportschule in Jena seinen Platz fand. Der 36Jährige erinnert sich an die grundsätzlichen Probleme in den neunziger Jahren: „Es war einfach schwer, Kinder zu begeistern, weil es keine Eltern gab, die diesen Sport ausgeübt hatten.“ Martin Geissler, der Geschäftsführer des Mitteldeutschen BC spricht von „fehlender Infrastruktur und fehlender sozialer Prägung“. Aus seiner Sicht war nicht einmal das Verständnis vorhanden, wie man Basketball „semiprofessionell betreibt“. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan. So hat es Science City Jena geschafft, in den letzten sechs Jahren die Mitgliederzahl im Jugendbereich zu versechsfachen.

Europäischer Titel 2004

Der Mitteldeutsche BC war der erste Ostclub in der Bundesliga, spielte von 1999 bis 2004 erstmals in der Beletage. „Damals gab es Leute in Weißenfels, die privat Geld investiert haben“, blickt Martin Geissler zurück. Allerdings seien die Verantwortlichen die Sache auch recht blauäugig angegangen und hätten es versäumt, eine Infrastruktur zu entwickeln.

Es gab große Pläne in der Kleinstadt. 2004 gewann man unter dem ehemaligen Bundestrainer Henrik Dettmann die FIBA EuroCup Challenge. Der Sieg im international schwächsten Wettbewerb wurde mit der Insolvenz aber teuer erkauft. Zu dieser Zeit gab es auch Überlegungen, den Verein in das 50 km nordöstlich gelegene Leipzig umzusiedeln, die durch den finanziellen Crash aber obsolet wurden.

Aktuell ist ein Wechsel in die Metropole kein Thema mehr. Zwar tragen die Weißenfelser in jeder Saison eine besonders attraktive Partie in Leipzig aus, aber laut Geissler würde ein Umzug nur Sinn ergeben, wenn damit die finanziellen Möglichkeiten, oben mitzuspielen, verbunden wären.

Womit neben der fehlenden Breite und Tradition das dritte große Problem angesprochen ist: Die finanziellen Ressourcen im Osten sind geringer. „Es spielt nach wie vor eine Rolle, dass die neuen Bundesländer wirtschaftlich schwächer dastehen. Mäzene oder Sponsoren ohne regionalen Bezug sind nicht in Sicht“, sagt Björn Harmsen. Dazu kommt, dass das Thema Sportsponsoring grundsätzlich sehr schwer zu vermitteln ist. Es steckt immer noch in den Köpfen, dass Staat und Kommunen dem Sport unter die Arme greifen. Deshalb nahmen die Oettinger Rockets auch eine Sonderstellung unter den ostdeutschen Erstligisten ein. Aber seit dem Rückzug des Namensponsors und dem sportlichen Abstieg 2018 gibt es in der Region Erfurt nur noch ProB-Basketball.

Schafft Chemnitz den Aufstieg?

Nachdem in der Saison 2017/2018 drei Teams aus dem Osten in der höchsten Spielklasse unterwegs waren, könnte in der kommenden Spielzeit keine einzige Mannschaft aus den neuen Ländern mehr vertreten sein. Crailsheim hat zuletzt stark gespielt, und Bremerhaven ist seit dem Trainerwechsel deutlich besser unterwegs. Dass Jena und der MBC alles versuchen, um in der Liga zu bleiben, zeigen unter anderem die namhaften (und sicherlich nicht billigen) Nachverpflichtungen wie Ex-NBA-Spieler Reggie Williams und Ronald Roberts bei Jena, wo Björn Harmsen nach der Niederlagenserie die Verantwortung an Marius Linartas übertragen hat, oder die Rückkehr von Silvano Poropat auf die Kommandozentrale in Weißenfels, wo man zusätzlich auch beim spielenden Personal noch ordentlich nachgebessert hat. Dennoch wird es für beide Vereine ganz eng werden, wobei die Chancen für die Weißenfelser nach den zuletzt wichtigen Siegen im Derby gegen Jena und in Göttingen wieder gestiegen sind.

Sollte es wirklich zum GAU kommen, besteht zumindest die Chance, dass aus der ProA ein ostdeutsches Team aufsteigt, denn Chemnitz hat die Hauptrunde als Erster abgeschlossen und spielt jetzt im Halbfinale gegen Hamburg.

Euer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert