Meilenstein im März: 5000 Punkte für John Bryant
Wer ist der beste aktive Scorer der Liga? Ich denke, die meisten von euch hätten hier Rickey Paulding genannt und damit auch richtig gelegen. Aber wer folgt dahinter? Die Antwort ist nicht ganz so offensichtlich und lautet John Bryant. Ende März knackte Big John gegen die Telekom Baskets Bonn als 19. Spieler offiziell die 5000 Punkte-Marke. Grund genug, auf seine illustre Karriere zurückzublicken, in deren Verlauf er zwei Mal als MVP (2012 und 2013) ausgezeichnet wurde.
Die Evolution in Ulm
Nachdem John Bryant nach seinem College-Abschluss ein Jahr in der D-League verbracht hatte, holte ihn Mike Taylor 2010 nach Ulm. In seiner ersten Saison postete der 2,11 Meter lange Amerikaner fast ausschließlich nach seinen Turnoutscreens für Außenspieler auf und warf nur einen einzigen Dreier. Aber mit seinem massigen Körper war er immer am Zonenrand anspielbar. In den beiden Jahren danach unter Thorsten Leibenath kam er dann auch selbst über Blocks, was mehr Optionen mit veränderten Winkeln beinhaltete. So gab es ein System, bei dem er wählen konnte, ob er zum Dreier oder in den Low Post ging. 2012/2013 traf er schon 49 Dreier bei über 37 Prozent. „Ich habe sein lockeres Händchen aus der Halbdistanz gesehen und dann haben wir seine Range bis hinter die Dreipunktelinie entwickelt“, erinnert sich Leibenath, der aber als Bryants größte Stärke dessen Hände nennt: „Er stand beim Offensiv-Rebound immer richtig, zog die Bälle wie mit Saugnäpfen an und verarbeitete sie dann mit seinen großartigen Händen.“
Das leidige Thema Gewicht…
…spielte auch schon zu Ulmer Zeiten eine Rolle, denn zu einem guten Essen und einem Bier kann der Kalifornier nur schwer nein sagen. Aber für Leibenath war er trotzdem „einer der pflegeleichtesten Spieler“, mit denen er je zusammenarbeitete. So setzte sich Bryant vor der Saison ohne Diskussionen auf das Fahrrad, um sein Gewicht zu reduzieren. Dennoch wurde es im weiteren Verlauf seiner Karriere ein immer größeres Thema.
In seiner Münchner Zeit von 2013 bis 2016 feierte der mittlerweile 34Jährige 2014 mit seinem einzigen (Meister-)Titel seinen größten Erfolg, bevor er dann nach Valencia wechselte, wo er nach nur zwei Spielen wegen Übergewichts (angeblich brachte Bryant zu diesem Zeitpunkt 138 Kilogramm auf die Waage) entlassen wurde. Damit war seine Zeit bei den großen Clubs vorbei und anstelle seines guten Einflusses auf die Teamchemie und seiner unbestrittenen Stärken im Scoring, Rebounding und Passing wurden seine körperliche Verfassung und die damit verbundenen Probleme wie die Pick-and-Roll-Verteidigung oder der fehlende Speed im Transition-Spiel immer stärker thematisiert.
Das Comeback in Gießen
Deshalb meldeten sich viele Skeptiker zu Wort als Big John nach einem Intermezzo in Monaco 2017 ausgerechnet im Hochgeschwindigkeitssystem von Ingo Freyer in Gießen einen neuen Anlauf unternahm. Doch Bryant zeigte Motivation überzeugte alle seine Kritiker und legte 2017/2018 18,2 Punkte und 10,7 Rebounds auf! In der folgenden Saison gelang ihm erneut ein double double und er erhielt zum zweiten Mal nach 2013 die Auszeichnung als bester Offensiv-Spieler der Liga. Nach einer schwächeren Spielzeit 2019/2020 und einem Abstecher nach Paderborn kehrte er noch einmal zu den 46ers zurück. Im Januar dieses Jahres erfolgte die Trennung mit Nebengeräuschen, und seitdem spielt er für den MBC. Ein dominanter Spieler ist John Bryant sicherlich nicht mehr, aber allemal ein wertvoller Back-up für die Weißenfelser. Die deutsche Staatsangehörigkeit, die er seit Dezember 2018 besitzt, hat seine BBL-Karriere zweifellos verlängert.
Eine Anekdote von Per Günther
Auch der Sport bietet immer wieder nette Anekdoten: Wem von euch sagt der Name Brian Cusworth noch etwas? Ich dachte mir, dass ihr da fast alle passen müsst! Brian Cusworth war ein 2,13 großer amerikanischer Center-Spieler, den ratiohparm ulm in Januar 2013 nachverpflichtete. Er kam zu einer Zeit, in der sich John Bryant in absoluter Top-Verfassung befand. Laut Per Günther (gibt es eine verlässlichere Quelle!?) hatte Big John gerade in einer Eurocup-Partie 25 Punkte in der ersten Halbzeit erzielt, bevor Cusworth sein erstes Training mit den Ulmern bestritt. Dort muss Bryant den Neuen nach allen Regeln der Kunst so zerlegt haben, dass dieser am nächsten Tag zu Manager Thomas Stoll ging, seinen Vertrag auflöste und seine Basketball-Karriere beendete. „Vielleicht wusste Cusworth nicht gegen wen er da spielte und dachte, dass mittlerweile jeder 130 Kilo schwere 2,10-Meter-Center Stepback-Dreier werfen kann“, resümiert „Speedy Günzalez“ mit einem Augenzwinkern.
Euer